Busen oder Beine – Die Dirndlfrage

Andere Leute würden ja viel Geld zahlen, ich komme nach München, merke erstaunt, dass Wiesn ist und mache einen großen Bogen um dieselbe. “Hallo, Schuldigen, ich kann sehr klein Deutsch sprechen.” So begann kürzlich die sehr nette Anfrage für Akkordeonnnoten eines britischen Kunden.
(Bei der Gelegenheit möchte ich zugeben: ich kann sehr klein englisch.) Aber die Aussage ist doch sehr interessant:
Abgesehen davon, dass ein “Schuldiger” im vierten Fall in einem Zug mit “klein Deutsch” genannt wird (was wieder meine Theorie bestätigt, dass die deutsche Kollektivschuld bis in alle Ewigkeit in das Bewusstsein der Weltbevölkerung gebrannt sein wird) stelle ich mir so genau einen amerikanischen Kunden vor, der nicht Akkordeonnoten bei mir sondern ein Dirndl oder eine Lederhosn beim Angermaier in München kaufen will.
Die Taxifahrerin, bei der ich mich persönlich bedanke, dass sie kein Dirndl zur Wiesnzeit trägt, klärt mich darüber auf, dass ausländische Betriebe inzwischen ihre Kunden unverblümt auffordern, in Tracht zu erscheinen und die Geschäftsreisenden dann erst zum Angermaier gehen, das Wienskomplett-Set Maxi mit Trachtenhemd, Lederhosen und Haferlschuhen für 199.- Euro erstehen, dann mit dem Taxi zum Hotel am Stachus fahren und dann in den klobigen Haferlschuhen fluchend zur Wiesen humpeln. Natürlich müssen die sich dann alle im Bierzelt besaufen, weil herumlaufen können sie so ja nicht.

Am gleichen Tag erfinde ich in einem Aufnahmestudio die altbekannte zweite Stimme zu “Der Mond ist aufgegangen” wieder neu und ein Toningenieur öffnet mir in Lederhosn: “Der Christoph kommt gleich, dem haben wir gestern beim Angermaier so ein Wiesnstarterpaket gekauft und der hat sicher Probleme beim anziehen”. Sicher. Ich persönlich kann mich ja nicht mit den zu kurzen und zugleich zu tief ausgeschnittenen Dirndln anfreunden, obwohl junge Mädchen darin wirklich süß aussehen, wenn ich es schaffe, zu vergessen, dass das ein Dirndl sein soll. Die Taxifahrerin findet, die brauchen sich dann nicht zu wundern, wenn die Mannsbilder über sie herfallen. O-Ton: “Und dann ist das Geschrei groß, gel!” Der Christoph im Startertest (sieht pfundig aus, schade, dass ich mein Dirndl in Holland habe, um dort bei Gelegenheit irgendjemanden damit zu erschrecken) erklärt mir dann, dass seine Freundin Schneiderin ist und es halt nach wie vor der Grundsatz gelte:
“Busen oder Beine” –  Das bedeutet, entweder großer Busenausschnitt oder Frau zeigt Bein. Beides zugleich würde vor allem auf Männer verwirrend wirken wegen der Gehirnhälften und so. Das leuchtet mir ein, gleichzeitig bin ich bestürzt, dass ich diesen Merksatz erst jetzt lerne und gehe voller Unruhe im Kopf die letzten 30 Jahre durch in Hinblick auf meine persönliche Umsetzung des Grundsatzes “Busen oder Beine”.

Im Zug nach Bremen der erste Besoffene um 11 Uhr früh, ein Engländer und der Schaffner hält ihn am Arm fest und spricht in klein englisch: ” Und du gehst jetzt da raus, next station is Polizei. Aus. Amen!” Zum Schluss noch die charmante Abschiedsformel meines englischen Kunden: “You have a copy, that I could buy, bitte? Viel Dankes

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