Die Pyjama – Frage

Während meines nun schon vier Jahre andauernden Pendler – Abenteuers zwischen Niederlande und Deutschland stieß ich immer wieder auf die Pyjama – Frage. Es scheint zwischen den Niederlanden und respektive Bayern einen echten Schlafkultur – Unterschied zu geben. In Holland (Ich weiß schon. Das ist nur eine Provinz von den Niederlanden aber die Niederländer nennen sich ja selbst Holländer, damit es die Deutschen verstehen).  Also in Holland schläft man unter einer gemeinsamen Decke. In einem französischen Bett. Bevorzugt nackt. In Deutschland schläft man unter zwei eigenen Decken. In einem französischen Bett, dort aber manchmal auf zwei Matratzen. Bevorzugt angezogen. Und das schwankt zwischen “völlig angezogen”, im T-Shirt oder im Pyjama.
Ich versuche nun auf deutscher Seite durch empirische Sozialforschungen im engeren Bekanntenkreis herauszufinden, was meine Freunde nachts im Bett anhaben, um einen Überblick über das Bekleidungsverhalten (bayerischer) Deutscher im Bett zu bekommen. Dazu frage ich Freunde “bei Gelegenheit” ganz unverblümt. Aber schon hier stoße ich an meine Grenzen: C. und M. schlafen im T-Shirt. Die Frage, ob sie sonst noch etwas anhaben, traue ich mich wirklich nicht beim gemütlichen Abendessen zu stellen.
Größte Erkenntnis: Der Deutsche würde ja nackt schlafen aber da würde er frieren. In aufgeschlossenen Kreisen (also kein Pyjama) wird jedenfalls immer fast entschuldigend hinzugefügt: “T-Shirt. Sonst ist es hier (am Nacken) einfach zu kalt.”
Meine Überlegung: das kann doch bei zwei Bettdecken gar nicht passieren?

Ich bin bayerische Österreicherin und konstatiere: am Nacken friere ich nicht aber ich habe im Frühjahr schon, zur allgemeinen Belustigung, mit Norwegermütze geschlafen. Also wenn mich jemand fragen würde: Ich trage nachts hin und wieder eine Norwegermütze, dass ich nicht am Kopf friere.
Ein gutes Forschungsgebiet ist natürlich der Film. Im holländischen, belgischen, französischen Film wird nackt geschlafen. Schweden sind sehr angezogen. Die Deutschen auch:
Im typischen “Am-Schluss-wird-geheiratet-Degeto-Film” schlafen alle angezogen, Frauen aber gerne im Negligé.

Nur in Zusammenhang mit einer (natürlich nur angedeuteten) Sexsituation sind im deutschen Film Paare nackt im Bett anzutreffen. Allerdings sind sie normalerweise nicht mehr nackt im Bett, sondern die Frau steht gerade auf und wickelt das Bettzeug dabei so um sich, dass garantiert kein Stückchen nackte Haut sichtbar wird, was natürlich lächerlich und unrealistisch ist.
Warum sollte sie, nachdem sie Stunden mit ihrem Lover im Bett lag plötzlich so prüde werden.
Naja, wer weiß, was in ihren Verträgen steht.

In manchen Filmen bewegen sich auch Männer aus dem Bett, bevorzugt gehen sie dabei ins Bad, also man sieht sie nackt aber natürlich nicht von vorne. Sie bewegen sich jedenfalls ohne Bettzeug durch den Raum.
Männer im deutschen Film zeigen aber gerne Brust, deshalb gehen sie manchmal unmotiviert vom Bett ans Fenster. (Til Schweiger zum Beispiel. Dem bin ich übrigens einmal in einem Berliner Musikstudio begegnet und er ist im echten Leben so unscheinbar, dass es einen halben gemeinsamen Vormittag an der Kaffeemaschine gedauert hat, bis ich ihn endlich erkannt habe.)
Und alte Filme sind besonders aufschlussreich. Toll war gestern die Filmszene in Max Ophüls “The Earrings of Madame de….” (1953) mit Charles Boyer und Danielle Darrieux, die übrigens heute 96 ist und dabei erstaunlich gut aussieht: Beide thronen in einem eigenem Doppelbett mit tausend Kerzen, Himmel und Kissen, sind total viktorianisch angezogen, lesen Zeitung, unterhalten sich durch die halb offene Tür und rufen sich am Schluss ein sehr neutrales “Gute Nacht” zu. Sie gehen beide in ihrer Freizeit fremd. Leider habe ich den Schluss nicht gesehen, weil durch die Wahl mein Aufnahme – Programm verschoben war. Aber ich habe den Plot gelesen und erfahren, dass am Schluss ein Duell stattfindet. Das finde ich sowieso sinnlos. Warum sagt Charles Boyer nicht einmal: “Danielle Darrieux, jetzt hör doch mal auf, mit dem Vittorio De Sica so unverblümt rumzumachen. Ich hab zwar selbst eine Kurtisane, und tu die ganze Zeit so, als wäre ich ein Gentlemen, der nichts merkt, aber, obwohl auch das Publikum total im Dunkeln tappt, ob ihr was miteinander habt oder nicht und das hin und her mit den Ohrringen völlig unsinnig ist: Wenn Du so weitermachst muss ich den Vittorio bei einem barbarischen Duell erschießen!”

Kleiner Abschweif: amerikanische Blockbuster – Frauen im Bett sind immer perfekt geschminkt und frisiert und zickig darauf bedacht, nackt kein Stückchen Haut zu zeigen. Leintücher werden dabei seltsam ängstlich an den Busen gepresst. (Ja , das hat sich die ARD wieder von Hollywood abgeschaut, gel…) Und wenn sie so, mit hektisch zusammengerafftem Leintuch herumlaufen, sehen sie aus wie ängstliche Häschen auf der Flucht vor dem bösen Wolf, der irgendwo lauert. Sandra Bullock ist darin wahre Meisterin.
Ich habe kürzlich eine seltsame Szene beim Zappen gesehen, in der sich zwei bekannte amerikanische Schauspieler (Sandra…), die sich als Ehepaar ausgeben (natürlich wegen der Einwanderungsbehörde), nackt sehen und darüber völlig hysterisch werden…siehe Saunaverhalten der Amerikaner:
Im Dampfbad des Münchner Volksbades durfte ich einmal einen bayerisch – türkischen Saunawärter erleben, wie er zwei junge amerikanische Frauen aufforderte, jetzt entweder den Badeanzug AUSzuziehen oder das Dampfbad-Sauna-Terrain zu verlassen. Die haben gestaunt.
Am Schluss seien alle Leser, natürlich unter der Wahrung Ihrer Anonymität, aber unter Angabe ihrer Nationalität und ihres Wohnortes, hier aufgefordert, kurz zu erläutern, was sie nachts tragen und ob sie französische, Ein – oder Zeimatratzenschläfer und Ein – oder Zwei – Bettzeugnützer sind, damit ich meine empirischen Forschungen rasch auf ein etwas wissenschaftlicheres Niveau bringen kann..
(Ich möchte aus reiner Neugier natürlich schon wissen, wer sie sind, werde diese intimen Daten aber keinesfalls weitergeben!)

Ungefähr so: Also, ich bin aus München, Deutscher: Meine deutsche Frau und ich schlafen in einem französischen Doppelbett mit zwei Matratzen (wegen dem Rücken) und wir tragen beide T-Shirts und Unterhosen. (Wegen der Kinder) und wir haben zwei Bettzeuge. (Wir wussten nicht, dass es was anderes gibt!)

Oh. Ich habe Doris Day ganz vergessen! Ein Pyjama für zwei

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